Samstag, 10. Mai 2014

„Babyboomer schuften, Generation Y chillt“ - Eine Stellungnahme



Soeben habe ich diesen Artikel von Herrn Thomas Eggert, einem Kollegen aus der Personalwirtschaft, in der Huffington Post entdeckt. Ich möchte mit meinem Beitrag Stellung nehmen zu seinen Äußerungen, denn ich möchte diese nicht unkommentiert stehen lassen. 

Zunächst einmal möchte ich Herrn Eggert jedoch in einem Recht geben, was medial so alles über meine Generation geäußert wird ist teils hanebüchen, an den Haaren herbeigezogen und das Thema wird zugegebenermaßen viel zu wenig differenziert.

Zitat 1: „Denn neben den ganzen Feststellungen um die Generation Y und deren "Bauchgepinsel" lese ich auf anderer Seite, dass die "Älteren" nun immer mehr arbeiten müssen und wir Babyboomer uns nicht auf den hoffentlich wohlverdienten Ruhestand freuen dürfen, sondern bis 67 oder 70 arbeiten sollen. Gerade dazu passend habe ich heute in der Zeit gelesen, dass Daimler die älteren Mitarbeiter zurückholt.
Wenn wir uns das mal ganz polemisch anschauen, ist die Schlussfolgerung klar: Die Babybommer müssen länger schuften damit die Generation Y chillen kann.“

Das empfinde ich tatsächlich als hochgradig polemisch, nicht nur da das Renteneintrittsalter voraussichtlich noch höher liegen wird für unsere Generation. Auch weil wir eben garnicht mehr auf den Generationenvertrag bauen können. Im Gegensatz zu den Babyboomern können wir unsere staatliche Rente getrost abschreiben, haben aber gefälligst einzuzahlen. Vielmehr noch ist es anmaßend zu behaupten wir würden chillen. Das Unternehmen, in dem ich Personalarbeit leiste besteht zu einem überwiegenden Teil aus Mitgliedern der Generation Y. Ebendiese Kollegen machen einen hervorragenden Job und nur weil sie einen gerechtfertigten Anspruch auf ein Leben neben dem Job hegen sind sie weder faul, noch am Dauerchillen. Ihre Generation ist gegen das Establishment auf die Straße gegangen. Nein nicht alle, sondern das Bildungsbürgertum, ebenjene die  es sich leisten konnten (Genau wie bei uns, denn die Gen Y ist nichts anderes). Eine ähnliche Entwicklung haben wir auch bei unseren Bestrebungen die Arbeitswelt zu verändern, wir versuchen etwas zu verändern und machen das mit den Mitteln die wir für sinnig halten. Anstatt mit derart polemischen äußerungen Furore zu machen, würde ich mich freuen, wenn ein Diskurs stattfinden würde an dessen Ende ein Konsenz zwischen Babyboomern und Gen Y stehen könnte. Denn am Ende des Tages müssen wir zusammenarbeiten und ich möchte das sogar, ich bin Fan des Generationenmixes und bin gottfroh wenn ein älterer Kollege seine Erfahrung und sein Wissen mit mir teilt.

Zitat 2: „Hätte man mich vor 30 Jahren gefragt, als ich ins Berufsleben eingestiegen bin - ich habe mir auch wenig Arbeit, ein tolles Umfeld, viel Spaß und genügend Geld gewünscht. Aber wie gesagt, damals hat mich niemand gefragt. Und womit wird dann diese neue Generation verglichen?“

Ich glaube, dass die wenigsten aus meiner Generation gefragt werden, wie sie denn arbeiten möchten. Man tritt in ein Unternehmen ein und hat sich nach den dort vorherrschenden Gegebenheiten zu richten. Ich habe das seltene Glück, dass ich aus meiner Position heraus nun aktiv an der Ausrichtung und den Mitarbeiterbindungsinstrumenten unseres Unternehmens mitwirken kann. Ein Gros meiner Altersgenossen hat dieses Glück nicht. Vielmehr werden von Unternehmensseite viel zu oft Stereotypen aufgestellt, wie wir denn so seinen. Ob man sich dabei wirklich die Mühe macht mit uns in einen Austausch zu treten um selbst zu erfahren wie wir denn so sind, ich glaube in vielen Fällen nicht. Der Unterschied liegt schlichtweg da, dass wir uns gewisse Gegebenheiten im Berufsleben eben nicht so ohne weiteres gefallen lassen möchten. Ein guter Teil unserer Generation war schon zu Schulzeiten absolut vertraut mit dem Gedanken im Leben für verschiedene Arbeitgeber arbeiten zu müssen. Wir haben also schon in sehr jungen Jahren den Gedanken an den „einen Job“ bis zur Rente abgelegt. Was daraus resultiert ist, dass wir einen Arbeitgeber verlassen wenn es uns dort nicht gefällt. Das Wissen um die Demographie und eine Verknappung der Arbeitskraft tut ihr übriges, wir sorgen uns nicht sonderlich um Arbeitslosigkeit, wir finden einen Weg. Die vielgewünschte Flexibilität könnte für weniger gute Arbeitgeber ein wirkliches Problem werden, aber das wollte Ihre Generation ja so von uns. Das ist unsere Art von Protest und unser Weg Druck auszuüben, in gewisser Weise ist das Darvinismus in Reinkultur. Wer bereit ist einen überdurchschnittlichen Arbeitsplatz zu bieten wird auch in Zukunft gut gebildete, engagierte Mitarbeiter haben.  Wir sind nicht faul, das sagt man uns nur nach. Wir haben schlicht eine andere Art zu arbeiten und möchten dass unser Leben mehr zu bieten hat als Arbeit. Ich glaube, dass ich mich während meiner Freizeit in diesem Blog mit durchaus fachrelevanten Themen auseinandersetze könnte ein dezenter Hinweis in diese Richtung sein.

Denn wenn alle nur noch chillen - wer macht dann die Arbeit - oder gibt es die in der neuen Welt 4.0 auch nicht mehr?

Wenn ich mir ansehe, wie die Entwicklung der letzten 100 Jahre immer mehr Automatisierung hervorbrachte habe ich tatsächlich meine Zweifel, dass es in der „Welt 4.0“ noch das ausmaß an Arbeit geben wird wie wir es heute kennen. Fangen wir doch mal bei Henry Ford und seiner Produktionsstraße an, mehr Autos, weniger Arbeitskräfte, mehr effizienz. Mittlerweile baut Siemens komplett autonome Produktionsstraßen, weltweit wird mit fast erschreckender Geschwindigkeit an der Robotik geforscht. Weiterhin wird erforscht wie Lebensmittel im Labor gezüchtet werden können, z.B. Fleisch. Auch hier könnte also der Zuchtprozess völlig autonom von statten gehen (zugegebenermaßen weiß ich nicht ob das wirklich so erstrebenswert ist, ich finde es schon etwas eklig). Nährlösung drauf, Roboter ernten und ein autonom fahrender Laster liefert das ganze an den Distributor.  Von der Miniproduktionsanlage namens 3D-Drucker, der warscheinlich in 10 Jahren in jedem Haus steht möchte ich garnicht sprechen.

Also - hört endlich auf, dieses Generationenthema so pauschal zu diskutieren. Es geht um das Individuum und nicht um Massenbewegungen. Und gebt den Babyboomern die Möglichkeit, auch etwas Freizeit zu bekommen und der Generation Y die Möglichkeit, mit Leidenschaft und Überzeugungskraft einen Job zu erledigen, der Sie fordert und fördert.

Ich stimme Ihnen zu, aber auch die Freiheit muss man sich nehmen. Sie haben die Möglichkeit zu sagen „Bis hierhin und nicht weiter“. Sie glauben garnicht wie viele unzählige Gespräche ich mit meiner Mutter geführt habe, bis sie selbst gemerkt hat, dass ihr Einsatz von Arbeitgeberseite nicht gedankt wird. Mittlerweile ist sie endlich davon abgekommen  sich für Ihren Arbeitgeber krumm zu legen, obwohl sie sicherlich nach wie vor verantwortungsbewusst einen guten Job macht. Alles in allem habe ich das Gefühl, sie ist heute wesentlich zufriedener. Wir können viel von Ihrer Generation lernen, seien sie offen auch von uns zu lernen. Ich denke wir sind wesentlich aufgeschlossener für einen Austausch als viele Babyboomer von uns glauben.

1 Kommentar:

  1. Hallo Herr Nette,

    vielen Dank für Ihre Anmerkungen, die ich mit Interesse gelesen habe. Sie finden meine Antworten hier: http://wp.me/p4hybb-8N

    Viele Grüße
    Thomas Eggert

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