Montag, 12. Mai 2014

Babyboomer schuften, Generation Y chillt – nun wirklich eine Diskussion




Ich hätte offen gesagt nicht damit gerechnet, doch ich muss anerkennend merken, dass Thomas Eggert meine Äußerungen aufgenommen und seinerseits eine Diskussion eröffnet hat. Dafür an dieser Stelle schon mal vielen Dank. Es freut mich, wenn wir zumindest in unserer kleinen Welt etwas bewegen können. Und Sie wissen ja. „Der Flügelschlag eines Schmetterlings….“.


Zu meinem 1 Statement schreibt Herr Eggert: Natürlich war das extrem polemisch, ich habe aber auch leider die Erfahrung gemacht, dass nur durch solche Äusserungen sich auch endlich mal jemand (wie zum Beispiel Sie) die Arbeit macht, und reagiert. Dennoch wollte ich in kleinster Weise behaupten, dass die Gen Y faul ist. Ich glaube, dass sich das durch alle Generationen durchzieht, da gibt es solche und solche. Ich rege mich vielmehr über diesen, aus meiner Sicht übertriebenen, Umgang mit dem Thema Gen Y auf. Da verdienen Heerscharen an Beratern damit Geld, damit Sie der einen Generation erklären wie die andere tickt. Und man bekommt wirklich das Gefühl, dass eine Firma nur noch bestehen kann, wenn Sie den höchstmöglichen Freizeitwert bietet. Ich bin da ganz bei Ihnen, die Arbeitswelt muss sich verändern, aber es kann auch nicht sein, dass sich alles nach einer scheinbar komplett anderen Generation richten muss und alle bisherigen Werte nichts mehr wert sind.


Na gut, wir sind uns einig, dass eine ordentliche Portion Polemik in der Äußerung lag und zugegebenermaßen bin ich auch ein Freund gekonnt eingesetzter Übertreibung um den Kern der Sache zu treffen. Leider Impliziert für mich der Titel ihres Artikels eben genau das, die Babyboomer arbeiten wie blöd und die Gen Y faulenzt. Vielleicht sollten wir zunächst einmal abgrenzen was chillen denn in unserem Jargon so bedeutet. Der Duden führt den Begriff seit 2004 und gibt ihm folgende Bedeutung: sich erholen, entspannen, sich abregen (Duden Begriffsdefinition: Chillen). Eigentlich ist das fast noch zu lasch ausgedrückt, denn chillen bedeutet in meiner Wahrnehmung nichts tun, z.B. auf die Frage was machst du grade „Ich chill‘ auf der Couch“. Es handelt sich hierbei also wirklich um entspanntes Nichtstun. Insofern lassen Sie den Anschein entstehen wir wären faul, während Sie die Arbeit erledigen hängen wir rum und tun nichts. Ich denke mal, Sie verstehen nun wie meine Schlussfolgerung und auch meine Empörung entstand.


Es ist extrem traurig, dass diese Heerscharen an Beratern überhaupt Geld damit verdienen können. (Hier mein Tipp an alle Unternehmer, fragen Sie uns. Man sagt uns nicht umsonst nach dass wir offen sind und eine Kommunikation auf Augenhöhe anstreben. Hat man den Mut ein paar Mitarbeiter aus meiner Generation zu fragen wird sich schon ein relativ differenziertes Bild ergeben). Ich möchte aber auch darauf verweisen, dass es einige Experten gibt die durchaus Ahnung haben. Da ich hier keine Werbung machen möchte sage ich einfach mal: Ein gutes Beispiel ist eine Bloggerin die auch in meinen Verlinkungen zu finden ist. ;)


Ich finde es auch nicht richtig, wenn Ihre Generation das Gefühl bekommt, Ihre Werte würden nicht mehr zählen. Das kann und soll nicht sein. Sie haben deutlich mehr Lebenserfahrung als wir haben können, das liegt in der Natur der Sache. Insofern stehen Ihre Werte auf einem wesentlich breiteren Fundament. Wir können von diesen Werten lernen, auch lernen unsere eigenen Werte realistischer zu betrachten ohne dabei zu vergessen für was wir einstehen. Zumal ich glaube, dass uns Werte wie Empathie sehr wichtig sind. Wenn wir uns zur Empathie als Grundpfeiler unseres Handelns bekennen, dürfen wir diese nicht nur für uns beanspruchen. Also appelliere ich an meine Generation, fragen Sie auch andere Generationen nach Ihren Wünschen! Es wäre schön, wenn Sie Herr Eggert noch einmal expliziter auf Ihre eigenen Wünsche eingingen, also einfach mal im Rundumschlag.


Zu meinem 2. Statement schreibt Herr Eggert: Nochmal: Ich habe nie behauptet und glaube auch nicht, dass Ihre Generation faul ist (da haben Sie einen wunden Punkt bei mir gefunden :D). Wenn Sie meinen Beitrag so empfinden, dann ist da scheinbar etwas falsch rüber gekommen. Ich bin nun seit 30 Jahren sowohl als Personalleiter und auch als Geschäftsführer unterschiedlicher Unternehmen der Meinung, dass es nicht “den” Führungsstil oder “den” Mitarbeiter gibt. Ich bin überzeugt, dass es genügend Babyboomer gibt, die in das Gen Y “Schema” passen und anders herum. Denn was kommt nach der Gen Y (ausser Z)? Ich bin bis jetzt am besten damit gefahren, individuell und mit einem pragmatischen Ansatz und gesunden Menschenverstand mit den Menschen zu arbeiten. Und ich glaube, das ist mir bis jetzt ganz gut gelungen. Seien Sie froh, dass Sie in Ihrem Job so gut unterwegs sind und die Möglichkeiten haben, Ihre Ideen umzusetzen. Ich persönlich habe auch diese Möglichkeiten und kann mir überlegen, ob ich am Wochenende noch einen Blog schreibe oder nicht – und ich geniesse meine Freiheit. Aber das hat doch nichts mit der Generation zu tun, sondern was man aus seiner Situation macht. Und was machen die vielen tausend Mitarbeiter in Unternehmen wie Siemens oder Daimler oder…


OK, die Thematik mit der Faulheit habe ich hoffentlich hinreichend erläutert. Es ist richtig, es gibt nicht den Führungsstil oder die Genration XYZ. Letztlich sind wir, die hier als Gen Y propagiert wird nur ein Bruchteil unserer gesamten Generation. Ich stelle jetzt einfach mal die These in den Raum, dass es sich bei der Generation Y, die gerade so breit diskutiert wird um die stark Bildungslastigen, priviligierte Mittel- bis Oberschicht dreht. Ich bin mir nicht sicher ob ich mich mit der Thematik überhaupt hätte auseinandersetzen können, wenn ich eine andere Sozialisation erfahren hätte. Die Generation Z selbst ist ja für viele noch eine große Unbekannte, mehr als Mutmaßungen bestehen da noch nicht. Man vermutet jedenfalls dass es eine Stark auf Nachhaltigkeit und Erhaltung der Welt ausgerichtete Generation sein wird, man darf gespannt sein. Was danach kommt… ich denke wir werden es erleben und vielleicht stehe ich dann an Ihrer Stelle und übe Kritik. 


Das ganze Thema soll ja nicht über das Individuum hinweg täuschen, jedenfalls aus meiner Sicht. Ich möchte vielmehr aufzeigen, wie man mit uns umgehen kann und wie ich es mir wünschen würde. Dennoch sollte man immer offen sein in den Austausch mit einzelnen Individuen zu treten. Was für mich die Eierlegende Wollmilchsau ist, mag für einen Altersgenossen bestenfalls ganz nett sein.


Ich bin wirklich in einer angenehmen Situation und bin dafür Dankbar, ich hoffe mit meinem tun auch etwas für meine Mitmenschen bewegen zu können. Weiterhin hoffe ich dass sich aus den Bestreben der Gen Y wirklich etwas für ebendiese Menschen bei Siemens oder Daimler machen lässt. Es ist nicht so, dass ich (und hoffentlich meine gesamte Generation) das alles nur egomanisch für mich tue.



Zu meinem 3. Statement schreibt Herr Eggert: Naja, hier glaube ich, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen wird. Das von Ihnen dargestellt Szenario werden wie beide vermutlich nicht mehr erleben – vielleicht hoffe ich das sogar. Ich meinte aber schon auch, dass es nicht nur um die Arbeit an sich geht, sondern auch um gewisse Werte. Sie schreiben am Anfang, dass Sie in einer Generation aufgewachsen sind, die nicht in dem Unternehmen in Rente geht, bei dem sie einmal angefangen haben. Das kann ich sehr gut verstehen (ich habe auch schon einige Wechsel hinter mir), ich glaube aber auch hier, dass das richtige Mass gefunden werden muss. Denn wenn Sie nicht eine gewisse Kontinuität in Unternehmen bekommen, wo bleibt dann die Kultur im Unternehmen und die beständige Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen etc.? Ich war bisher immer in Dienstleistungsunternehmen unterwegs und da spielt nun einmal eine persönliche Kundenbeziehung noch eine starke Rolle. Und auch wenn ich mittlerweile die meisten Sachen online bestelle, freue ich mich, wenn ich in ein Geschäft komme, in dem man mich kennt, weiss was ich will und wie man auf meine Wünsche eingeht. Das erreichen Sie nunmal nur durch eine gewissen Beständigkeit.


Natürlich wird die Warheit irgendwo dazwischen liegen. Ich bin mir jedoch nicht so sicher ob wir dieses Szenario in mehr oder weniger starker Ausprägung nicht mehr erleben werden. Ich befürchte sogar wir werden es, ich werde es auf jeden Fall. Sollte es anders kommen, gut, ich bin ja nicht mal ansatzweise unfehlbar.


Mir geht es überhaupt nicht so sehr darum, ob wir nun die Chance haben und ergreifen in einem Unternehmen alt zu werden. Das schlechteste ist das ja nicht, jegliche Beziehung basiert auf gemeinsamen Werten, gemeinsam geschaffenem und einer gewachsenen Verbundenheit. Wenn ich dieses Glück haben darf, dann warum nicht. Aber wir sind groß geworden und uns wurde immer eingeimpft „Ihr werdet flexibel sein müssen“, „Ihr werdet sicher nicht mehr, wie wir, nur einen Job haben“.  Und Natürlich braucht es eine gewisse Beständigkeit. insbesondere wenn ich von fluiden Unternehmen lese wird mir persönlich speiübel. ich möchte keine On/Off-Beziehung mit einem Unternehmen führen in der ich immer auf Abruf bereit stehen soll, das Unternehmen mir aber nicht die Abrufmöglichkeit bietet, sollte mir mal das Wasser bis zum Hals stehen und ich schnell bares benötigen. Natürlich freue ich mich ebenso wenn ich in den Klamottenladen meines Vertrauens komme und am Ende noch ein paar Schuhe zum Einkaufspreis erstehen kann, einfach weil man sich kennt und der Inhaber mir das letzte vorrätige Paar in die Hand drückt mit dem dezenten Hinweis „Die sind gut gegangen, ich gebe Sie dir für 50 statt 70€“. Vielen Dank an dieser Stelle an Thomas Bingel von Downtown in Gießen. :)


Zu meinem 4. Statement schreibt Herr Eggert: Dem kann und will ich nichts hinzufügen! Ich persönlich glaube daran, dass Sie viel aufgeschlossener sind – ansonsten sind wir wieder mal bei den Pauschalierenden. Lassen Sie uns im Dialog bleiben!


Das  freut mich aufrichtig. Nach Ihren Äußerungen weiß ich im Gegenzug dass Sie auch nur einen Konsens herbeiführen möchten, etwas was ich im ersten Moment nicht für möglich gehalten habe. Jetzt glaube ich, dass auch Sie ein offener Mensch sind mit dem ein konstruktiver Austausch sinnvoll ist. Ich bin mir sicher, von Ihnen noch das ein oder andere Lernen zu können. Wir bleiben im Dialog!!

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